Trauern über Fehlgeburten – von Unverständnis und unsensiblen Ratschlägen

Fehlgeburt Trauer
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Nele Hillebrandt

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Wer hier regelmäßig liest, der weiß, dass ich Anfang letzten Jahres eine Fehlgeburt hatte. Es war noch sehr früh und im Ultraschall habe ich nicht mal das Herzchen schlagen sehen und trotzdem hat mich das damals ganz schön aus der Bahn geworfen.

Mittlerweile liegt mein Sohn neben mir und schläft. Und dennoch lässt mich das Thema Fehlgeburt nicht los. Auf vielen Blogs berichten Frauen über ähnliche Erfahrungen und Erlebnisse und eines liest man dabei immer wieder: Auf wie viel Unverständnis man stößt, wenn man über eine „frühe“ Fehlgeburt trauert. Früh meint damit vor der 12. Woche, meist sogar schon in den ersten 5 bis 8 Wochen der Schwangerschaft.

Im Rahmen der Aktion „Alle reden über Trauer“ von Silke vom Blog inlautertrauer.de möchte ich hier noch einmal auf dieses Thema eingehen.

Fehlgeburt: Wenn man um ein „hätte“ trauert

Wenn man eine Fehlgeburt hat, dann trauert man nicht um einen bestimmten Menschen. Dieses Wesen, das da eigentlich in einem wachsen sollte, kennt man ja noch gar nicht. Man weiß oft nicht einmal ob es ein Junge oder ein Mädchen werden würde. Doch vor allem, wenn man eine Schwangerschaft herbeigesehnt hat, wenn man sich wahnsinnig über den positiven Test gefreut hat und es kaum erwarten kann der ganzen Welt von diesem wundervollen Ereignis zu erzählen, genau dann, trifft einen der Verlust völlig unvorbereitet.

In diesem Moment sind es keine Erinnerungen, die schmerzen, sondern all die Träume, Wünsche und Hoffnungen, die man auf einmal loslassen muss. Man hat meist keine Andenken, außer vielleicht einem Ultraschallbild, auf dem man noch nicht einmal erkennen kann, dass dieser Punkt einmal ein Mensch werden würde. Man hat keine Erinnerungen, keine gemeinsame Vergangenheit.

Und weil man das alles nicht hat, fällt es vielen Unbeteiligten schwer diese Trauer nachzuvollziehen. Zu verstehen, dass ein solcher Verlust dennoch schmerzen kann. Zu akzeptieren, dass man nach so einem Erlebnis ein Recht auf seine Trauer hat.

Unverständnis zeugt meist von Unwissenheit

Am wenigsten Verständnis zeigen oft die Leute, die selber nie eine solche (oder ähnliche Situation) erlebt haben. Manchmal sind das Kinderlose. Manchmal Paar, die selber mehrere gesunde Kinder haben und nie mit dem Thema Fehlgeburt in Berührung gekommen sind. Manchmal sind es aber auch Menschen, die selber gerade erst einen Verlust erlitten haben und nicht verstehen können, wie man um etwas trauern kann, dass noch gar nicht wirklich da war.

Doch da war „etwas“. Ein Minimenschlein. Und das einzige, was ich mir wünschte, wäre, dass man dem anderen seine Trauer lässt. Dass man andere in ihrem Tempo verarbeiten lässt. Dass man nicht versucht zu messen, welcher Verlust nun schwerer wiegt oder wer mehr „Recht“ hat zu trauern.

Denn vielleicht hat die Frau, die gerade eine Fehlgeburt hatte seit Jahren versucht schwanger zu werden. Und selbst wenn sie Zuhause schon ein, zwei, drei oder wie viele Kinder auch immer hat, vielleicht war diese Schwangerschaft ein Herzenswunsch. Und selbst wenn die Schwangerschaft ganz ungeplant entstanden ist, wer weiß schon, ob nach dem ersten Schock nicht die Liebe und Vorfreude stetig wuchs.

Bevor Du urteilen kannst über mich oder mein Leben,
ziehe meine Schuhe an und laufe meinen Weg,
durchlaufe die Straßen, Berge und Täler,
fühle die Trauer, erlebe den Schmerz und die Freude.
Durchlaufe die Jahre, die ich ging,
stolpere über jeden Stein, über den ich gestolpert bin,
stehe immer wieder auf
und gehe genau die selbe Strecke weiter,
genau wie ich es tat.
Erst dann kannst Du über mich urteilen.

Wenn Ratschläge Schläge sind

„Sei doch froh, dass es jetzt passiert ist und nicht in der soundsovielten Woche!“
„Das ist doch besser als wenn du ein behindertes Kind bekommen würdest!“
„Sei froh, so kannst du noch ein paar Monate mehr dein ungebundenes Leben genießen!“
„Vielleicht seid ihr einfach noch nicht bereit Eltern zu werden.“

Mein Kopf, der versteht diese Sätze irgendwie. Die Logik dahinter. Irgendwie. Doch mein Herz nicht. Ich möchte meinen Verlust betrauern dürfen. Solange ich will. In der Form, die ich für angemessen halte. Ich will mich nicht rechtfertigen. Und ich will erst recht nicht, dass mein Schmerz heruntergespielt wird. Ja, es gibt schlimmeres. Aber das kann man doch immer sagen. In jeder Situation findet man eine andere, die noch schlimmer wäre.

Was ich mir stattdessen wünsche?

Ganz einfach:
„Es tut mir leid. Ich bin für dich da!“
Ehrlich. Aus vollem Herzen.

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