Geburtsbericht Kind 1

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Nele Hillebrandt

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Unser Babyjunge erblickte am 25.11.2016 um 03:34 Uhr das Licht der Welt. Mit 52 cm, 3.490 g und 36 cm Kopfumfang war er ein wunderschönes, gut entwickeltes Baby. Die Geburt war nicht einfach aber trotzdem habe ich sie in guter Erinnerung. Dies liegt vor allem daran, dass ich wirklich wundervoll begleitet wurde und ich stets den Eindruck hatte, dass nichts über meinen Kopf hinweg entschieden wurde.

Mittwoch, 23.11.2016, kurz vor 24 Uhr
Den ganzen Tag über bin ich schon unruhig, irgendwie habe ich das Gefühl, dass es bald losgeht. Ich habe schon seit Tagen immer mal wieder Vor- oder Senkwehen, allerdings bisher noch nicht regelmäßig und auch nicht wirklich schmerzhaft.

Heute Abend ist etwas anders. Das erste mal habe ich Wehen, die schmerzhaft sind. Aber etwas ist gänzlich anders als erwartet: Anstatt regelmäßiger Wehen mit Pausen, habe ich durchgängig Schmerzen. Ich weiß nicht so genau was ich davon halten soll und gemeinsam mit Finn entscheide ich, dass wir besser einmal ins Krankenhaus fahren. Die Schmerzen sind zwar auszuhalten, die fehlenden Pausen machen es mir aber unmöglich zu bestimmen, wann der richtige Zeitpunkt wäre um in die Klinik zu fahren.

Donnerstag, 24.11.2016, gegen 1 Uhr morgens
Wir kommen in der Klinik an und dürfen direkt in einen Kreissaal, wo ein CTG gemacht wird. Darauf sind zwar leichte Wehen zu erkennen, diese sind aber sehr unregelmäßig und viel zu schwach. Die Schmerzen sind auch seit der Ankunft im Kreissaal fast verschwunden. Die Untersuchung des Muttermundes ergibt, dass dieser fingerdurchlässig ist, das war er jedoch schon bei der letzten Untersuchung meiner Frauenärztin. Gemeinsam mit der diensthabenden Hebamme entscheiden wir erst einmal wieder nach Hause zu fahren.

Ich fühle mich irgendwie schlecht weil wir nun doch umsonst in die Klinik gefahren sind, die Hebamme muntert mich aber auf und meint, dass es so besser sei als zu spät loszufahren.

Donnerstag, 24.11.2016, gegen 4 Uhr morgens
Wir sind gerade einmal seit ein paar Stunden wieder Zuhause, doch ich kann nicht schlafen. Ich bin wahnsinnig unruhig und dann sind sie plötzlich wieder da: Die Schmerzen. Dieses Mal deutlich stärker und wieder ohne Pause. Ich gehe ins Wohnzimmer, versuche mich irgendwie zu entspannen, merke aber wie ich nicht weiß, was ich machen soll. Wieder habe ich pausenlos Schmerzen, von wegen Wehe, Wehenpause, Wehe, Wehenpause.

Letztendlich wecke ich Finn und bitte ihn, dass wir erneut ins Krankenhaus fahren. Mittlerweile ist es mir auch egal, wenn es wieder ein Fehlalarm ist, ich möchte einfach ins Krankenhaus, wo man mir zumindest sagen kann, was da gerade passiert.
Und so fahren wir nun zum zweiten Mal los.

Donnerstag, 24.11.2016, gegen 5 Uhr
Wieder sind die Schmerzen in der Klinik kaum mehr spürbar. Wieder wird ein CTG geschrieben, wieder sieht man zwar Wehen aber nur unregelmäßig und nicht stark genug. Auch der Muttermund ist unverändert. Dieses Mal empfiehlt die Hebamme dass wir ein bisschen Treppen steigen und so versuchen die Wehen wieder anzuregen. So machen Finn und ich uns auf den Weg und rennen die Treppen hoch und runter. Doch auch das bringt nichts. Mein Körper scheint noch nicht so richtig bereit zu sein.

Nach einer Stunde kehren wir in den Kreissaal zurück. Die Hebamme, die schon ahnt, dass nichts passiert ist, bietet uns an, dass wir erstmal auf die gynäkologische Station gehen und uns dort ausruhen. Wir machen uns also auf den Weg und ich beziehe ein Bett dort.

Kaum liege ich ein paar Minuten kommen die Schmerzen wieder. Wir warten eine Zeit, dann machen Finn und ich uns wieder auf den Weg in den Kreissaal. Wieder werde ich an das CTG angeschlossen und dieses Mal sieht man tatsächlich regelmäßige, starke Wehen. Auch wenn der Muttermund weiterhin unverändert ist, dürfen wir im Kreissaal bleiben, weil alle Räume frei sind.

Nun heißt es warten. Auch jetzt habe ich keine Wehenpausen, sondern durchgängig Schmerze und ich hoffe einfach, dass sich der Muttermund nun schnell öffnet. Um die Zeit zu vertreiben, gehe ich in die Badewanne und Finn kauft etwas zu essen, ich habe aber keinen Appetit.

Donnerstag, 24.11.2016, gegen 12 Uhr
Die Hebamme kommt zusammen mit der Ärztin, die erneut den Muttermund untersucht (der sich bisher kein Stück weiter geöffnet hat). Dabei macht sie eine Eipollösung, was nicht gerade angenehm ist. Sie schlägt zudem vor den Wehentropf anzuschließen um die Wehen zu verstärken. Ich will mittlerweile einfach nur noch, dass sich endlich etwas tut und stimme somit zu.

Der Wehentropf wird angeschlossen und alle Stunde wird die Dosis etwas erhöht. Die Eipollösung sorgt dafür, dass der Schleimpfropf abgeht, der Wehentropf macht die Wehen langsam aber sicher immer unaushaltbarer und ich hoffe, dass sich nun der Muttermund rührt. Die Untersuchung zeigt jedoch, dass sich immer noch nichts tut. Nach drei oder vier Stunden hat sich immer noch nichts getan. Die Hebamme sagt uns, dass wir nun zwei Möglichkeiten haben: Wir können die Fruchtblase sprengen lassen und hoffen, dass die Geburt dann voran geht oder den Wehentropf abstöpseln, vielleicht noch einmal in die Wanne gehen und dann nach Hause fahren, wenn sich nichts weiter tut. Wenn wir uns dafür entscheiden die Fruchtblase zu sprengen und die Geburt nicht voran geht, müsste allerdings im Notfall ein Kaiserschnitt gemacht werden.

Wir entscheiden uns für die zweite Option. Ich bin kaputt und denke, dass unser Baby vielleicht einfach noch nicht so weit ist. Wir machen also den Tropf ab und ich gehe noch einmal in die Badewanne.

Donnerstag, 24.11.2016, gegen 18 Uhr
Ich liege in der Badewanne und auf einmal rollt sie über mich hinweg: die erste richtige Wehe, mit Anfang, Höhepunkt und danach einer Pause. Ich merke, dass ich aus der Wanne raus will, im Wasser halte ich das kaum aus. Die Wehen kommen direkt alle drei bis vier Minuten. Es ist, als hätte mein Körper die ganze Zeit vorher nur geübt und nun geht es ganz plötzlich richtig los.

Wir rufen die Hebamme und ich werde wieder ans CTG angeschlossen. Nun sind die Wehen dort Lehrbuchmäßig. Nach einiger Zeit untersucht die Hebamme den Muttermund und endlich hat sich dort etwas getan.

Je mehr Zeit vergeht, desto unaushaltbarer werden die Wehen. Ich habe keine Schmerzen im Bauch, sondern vor allem im Becken. Bei jeder Wehe habe ich das Gefühl, dass mein Becken zerspringt und dass ich wahnsinnig dringend auf Toilette muss. Je später es wird, desto weniger kann ich es aushalten und dazu kommt, dass ich wahnsinnig müde bin und mittlerweile ein bisschen Sorge habe, wie lange ich das noch aushalte.

Letztendlich entscheiden wir uns für eine PDA. Die Narkoseärzte kommen recht schnell und das Legen des Katheters ist deutlich weniger schmerzhaft als ich dachte. Als die Ärzte jedoch das Narkosemittel spritzen bekomme ich starke Schmerzen im Rücken. Sobald das Mittel gespritzt ist, lässt der Schmerz nach und ich entscheide, dass ich damit leben kann, wenn die Wehen dafür aushaltbarer werden. Die Wehen kommen und gehen und mit jeder hoffe ich, dass es nun besser wird. Doch das wird es nicht.

Die Hebamme ruft noch einmal die Narkoseärzte, da meine Schmerzen eher noch schlimmer werden. Der Arzt kommt und fragt, wo ich die Schmerzen spüre. Ich antworte in der Hüfte und er erklärt, dass es in dem Fall kein Wunder sei, dass die Schmerzen nicht besser werden. Die Erklärung weiß ich nicht mehr, ich frage mich nur, warum das nicht vorher gefragt wurde. Trotzdem spritz er noch einmal Schmerzmittel nach, auch das hat jedoch keinerlei Effekt.

Ich bin mittlerweile müde und verzweifelt. Zum Glück habe ich tatsächlich eine Hebamme für mich allein, da sonst niemand zu diesem Zeitpunkt entbindet. “Meine” Hebamme schafft es immer wieder mich zu motivieren und mir Mut zuzusprechen.

Donnerstag, 24.11.2016, gegen 24 Uhr
Der Muttermund hat sich bis auf 8 cm geöffnet und plötzlich werden die Wehen wieder schwächer und kommen in unregelmäßigeren Abständen. Am Muttermund tut sich über eine Stunde nichts mehr und die Hebamme schließt letztendlich den Wehentropf wieder an. Nun öffnet sich der Muttermund endlich komplett.

Freitag, 25.11.2016, gegen 1 Uhr
Die Fruchtblase platzt und endlich bekomme ich von Hebamme und Ärztin die Erlaubnis mitzuschieben. Ich presse so doll ich kann und hoffe einfach, dass ich nun endlich bald mein Baby im Arm halten darf, die Austreibunsgphase wird doch wohl nicht zu lang dauern. Doch von wegen, ich schiebe und schiebe bei jeder Wehe, wechsle die Position und gebe alles, doch der Babyjunge ist noch nicht bereit sein warmes Nest zu verlassen. In jeder Wehenpause rutscht er wieder ein Stück zurück und wir kommen so nur Millimeterweise voran.

Letztendlich schlägt mir die Ärztin vor, dass sie auf meinen Bauch drückt damit das Baby nach der Wehe nicht wieder zurück rutscht. Mir ist mittlerweile alles egal, ich will nur noch, dass es endlich vorbei ist. Mittlerweile ist das Pressen so anstrengend und ich so kaputt, dass ich die Wehen kaum noch spüre und mich sehr auf das Zeichen der Hebamme verlasse um zu wissen, wann ich pressen muss.

Bei den folgenden Wehen drückt also die Ärztin mit ihrem ganzen Gewicht auf meinen Bauch. Wahrscheinlich war das nicht gerade angenehm, ich kann mich aber wirklich nicht mehr erinnern. Endlich höre ich die Hebamme sagen, dass das Köpfchen nun zu sehen ist. Sie nimmt meine Hand und ich fühle etwas weiches und gleichzeitig festes, den Kopf von meinem Baby. Doch auch mit der nächsten und übernächsten Wehe schaffe ich es nicht das Köpfchen ganz rauszuschieben und es steckt einfach “da unten” fest. Und dann habe ich so, mit diesem Kopf zwischen meinen Beinen, eine Wehenpause von mehr als 4 Minuten. Ich werde fast wahnsinnig und erwarte sehnsüchtig die nächste Wehe, die sich Zeit lässt. Irgendwann komme ich darauf den Wehentropf zu überprüfen und stelle fest, dass ich meine Hände so verkrampft halte, dass ich dabei den Schlauch mit dem Medikament abgeklemmt habe.

Endlich kommt die nächste Wehe und ich kann wieder schieben. Die Hebamme holt in dem Moment ein Skalpell raus, ich weiß gar nicht was da passiert, da sagt Finn, dass ich keinen Dammschnitt möchte und lieber reißen will. Die Hebamme schaut mich an und sagt, dass ich schon gerissen bin, sie schlimmeres verhindern will und der Kopf sonst wohl nicht passt. Ich will einfach nur, dass das Baby endlich da raus kommt, sollen die doch alle machen was sie wollen. Den Schnitt spüre ich garnicht, dafür aber ein stechendes Brennen als der Kopf geboren wird. Ich bin von diesem Schmerz noch so überrascht, dass ich kaum merke, wie der restliche Körper geboren wird.

Freitag, 25.11.2016, 3:34 Uhr
Sofort wird mir das Baby auf meine nackte Brust gelegt. Ich zucke zusammen, weil die Nabelschnur sehr kurz ist und ich den Zug innerlich spüre. Dann wird die Nabelschnur auch schon abgeklemmt und Finn schneidet sie durch. Während ich mein Baby anstarre und es kaum glauben kann, will die Hebamme, dass ich Huste um die Plazenta zu gebären. Ich kann nicht Husten. All meine Kraft ist verbraucht und ich fühle mich wahnsinnig müde und erschöpft. Trotzdem kommt die Plazenta irgendwie auf die Welt und Ärztin und Hebamme untersuchen sie. Zum Glück scheint sie vollständig zu sein. Im Anschluss werde ich genäht, wovon ich (zum Glück) kaum etwas spüre.

Später wird dann der Babyjunge gewogen, untersucht und sauber gemacht. Ich soll in ein anderes Bett wechseln, damit ich auf die Station gefahren werden kann, doch mein Kreislauf spielt überhaupt nicht mehr mit und ich werde zwei Mal Ohnmächtig. Letztendlich werden beide Betten so dicht wie möglich zusammengestellt und ich rolle mich einfach rüber. Das Baby wird mir wieder auf die Brust gelegt und zusammen dürfen wir noch 2 Stunden im Kreissaal bleiben bis wir dann auf unser Zimmer kommen.

Irgendwann habe ich wohl auch das erste Mal angelegt, daran kann ich mich aber mittlerweile nicht mehr erinnern.

Auch wenn die Geburt sehr lange gedauert hat, schmerzhaft war und ich nicht nur gerissen bin, sondern auch geschnitten wurde, denke ich tatsächlich gerne daran zurück. Ich habe das Gefühl, dass ich da etwas wirklich tolles aus eigener Kraft (mit wundervoller Unterstützung) geschafft habe und bin stolz auf meinen Körper. Wichtig ist anscheinend gar nicht, wie eine Geburt abläuft und ob sie objektiv leicht oder schwer war, sondern wie wir diesen Ablauf bewerten und wahrnehmen.

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