Süß oder salzig: Wie Erfahrungen unsere Vorlieben prägen und wie Eltern dieses Wissen nutzen können

Die Eiscreme-Erfahrung und das elterliche Wissen eines kleinen Mädchens.
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Nele Hillebrandt

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Süßes schmeckt uns besser. Diese Aussage hört man schnell mal so dahin gesagt, wer genauer darüber nachdenkt, merkt jedoch bald, dass das gar nicht immer stimmt. Man denke an Pommes. Oder eine Bratwurst. Es gibt viele Dinge, zu denen passt einfach kein Zucker. Auf der anderen Seite gehört Zucker zu einigen Dingen einfach dazu, man denke an eine Sahnetorte oder Weihnachtsplätzchen. Bei anderen Gerichten sind wir dagegen offener: Kartoffelpuffer schmecken vielen sowohl mit Apfelmuß, Zimt und Zucker, als auch mit Kräuterquark (nur bitte nicht gleichzeitig). Forscher haben vor einiger Zeit genauer unter die Lupe genommen, wie sich solche Vorlieben für eine bestimmte Geschmacksrichtung bei manchen Speisen entwickeln und dabei Erkenntnisse gewonnen, die uns auch im Alltag nützen können.

Die Studie

Susan A. Sullivan und Leann L. Birch untersuchten 1990 ob man beeinflussen kann, welche Geschmacksrichtung Kinder bei einem bestimmten Lebensmittel vorziehen. An der Studie nahmen 39 Kinder zwischen 44 und 71 Monaten teil. Für den Test wurde ein Lebensmittel genommen, das alle Kinder bisher nicht kannten: Tofu. Der Tofu wurde dabei auf drei Arten „zubereitet“ (salzig, süß, naturbelassen) und püriert, damit die Konsistenz immer gleich war.

Ablauf

Zu Anfang probierten alle Kinder alle Varianten des Tofu und sollten dann mithilfe von Smileys bewerten, wie gerne sie welche Version mochten. Dann wurden sie in drei Gruppen eingeteilt. In den folgenden 9 Wochen sollte jedes Kind zwei mal pro Woche eine Version des Tofu probieren. Kinder der Gruppe eins bekamen dabei immer nur den salzigen, die der Gruppe zwei nur den Süßen und die der Gruppe drei nur den naturbelassenen. Die Kinder sollten dabei den Tofu mindestens die Zunge berühren lassen und durften ihn danach ausspucken oder runterschlucken. Nach den 9 Wochen bekamen die Kinder wieder alle drei Varianten und sollten bewerten welcher ihnen am besten schmeckt.

Die Ergebnisse

Am Ende zeigte sich deutlich: unabhängig davon, was die Kinder zu Beginn lieber mochten, am Ende der Untersuchung mochten die Kinder das „Gericht“ am liebsten, dass sie die letzten 9 Wochen regelmäßig probiert hatten. Dies galt sowohl für die Kinder, die den süßen oder salzigen Tofu bekommen haben, als auch für die Kinder, die den naturbelassenen Tofu bekommen haben. Die anderen Geschmacksrichtungen bewerteten die Kinder am Ende hingegen als schlechter. Die Kinder mochten somit nicht Tofu insgesamt lieber, sondern nur den Tofu, den sie die ganze Zeit probiert haben, also den süßen, salzigen oder den natürlichen.

Die Forscher wollten zusätzlich noch wissen, ob sich diese Vorliebe auch auf andere unbekannte Speisen auswirkt und haben den Kindern süßen, salzigen oder naturbelassenen Ricotta Käse gegeben, dabei zeigte sich jedoch kein Zusammenhang zum Tofu. Das heißt, dass die Kinder, die den salzigen Tofu lieber mochten (weil sie ihn die letzten 15 Wochen stetig gegessen haben), nicht auch den salzigen Ricotta mochten.

Was wir daraus lernen können

Wichtig ist hier vor allem die Erkenntnis, dass wir die Vorlieben unserer Kinder prägen: wenn wir ihnen im Sommer Beeren zu essen geben, sollten wir auf den Zucker lieber verzichten, da sie sonst lernen die künstlich süßen Beeren vorzuziehen. Außerdem sollten wir sparsam mit Salz umgehen, da nicht nur zu viel Zucker, sondern auch zu viel Salz schädlich für uns ist. Generell sollten wir unseren Kindern also vor allem am Anfang naturbelassene Lebensmittel geben und auf das Salzen oder Süßen eher verzichten. Dies ist dann am einfachsten, wenn man alle Speisen frisch selber zubereitet, wer dafür keine Zeit hat, sollte besonders gut darauf achten, was in den gekauften Lebensmittel steckt, da die Industrie gerne auf Salz und Zucker zurückgreift um Lebensmittel schmackhafter zu machen.

Auf einen Blick

Kinder gewöhnen sich nach einigen Wiederholungen an ein Essen, so wie sie es häufig bekommen haben. Wer von Anfang an eher auf Zucker oder Salz verzichtet gewöhnt seinem Kind somit an, die Dinge ohne diese Geschmacksverstärker vorzuziehen.

Was wir tun können:

  • Bei Obst, Beeren etc. auf zusätzlichen Zucker verzichten
  • Tees (Früchte- oder Kräutertees) möglichst nicht oder nur sehr sparsam süßen
  • Essen möglichst selber zubereiten und dabei auf viel Zucker oder Salz verzichtet
  • statt Süßigkeiten oder gekauften Keksen lieber selber backen und die Zuckermenge reduzieren (oft kann man den Zucker um die Hälfte reduzieren ohne dass sich dies stark bemerkbar macht)
  • die Wiederholung macht das Lieblingsessen. Auch wenn dein Kind das Gericht am Anfang nicht unbedingt liebt, gibt ihm regelmäßig davon zu essen (natürlich ohne Zwang, wenn ein Kind etwas wirklich nicht mag, sollte es das auch nicht essen müssen). In dem Experiment haben die Kinder nach 8 Wochen begonnen „ihren“ Tofu als leckerer zu bewerten.

Literatur:
Sullivan, S. A., & Birch, L. L. (1990). Pass the Sugar, Pass the Salt: Experience Dictates Preference. Developmental Psychology, 26(4), 546-551.

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