Vorstellung und Realität: die Schwangerschaft

Vorstellung vs. Realität: die Schwangerschaft
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Nele Hillebrandt

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Ich kann mich noch ganz genau daran erinnern: Es war Januar, ich hatte gerade die Fehlgeburt und ich las in einem Forum von einer Schwangeren, die den Kinderwunschlerinnen tatsächlich sagte, dass diese froh sein sollen. Dass sie mittlerweile lieber nicht-schwanger wäre und jeder Tag unheimlich anstrengend für sie sei. Sie schrieb zwar auch, dass sie nicht tauschen würde (zu dem damaligen Zeitpunkt widersprach sich das alles in meinen Augen einfach nur), meinte aber, dass man die Zeit vor einer Schwangerschaft möglichst genießen solle.

Mein Gedanke damals? WIE KANN SIE NUR???? Wie kann man nicht JEDE SEKUNDE einer Schwangerschaft in vollen Zügen genießen? Egal welche Wehwehchen man hat, eine Schwangerschaft ist ein Geschenk und man darf sich nie, nie, nie, NIEMALS darüber beschweren schwanger zu sein!!

Und heute?


Hörst du den Knall? Das bin ich, wie ich auf dem harten Boden der Realität aufschlage.

Meine Schwangerschaft ist bisher unkompliziert und ich bin mir ziemlich sicher, dass die Probleme, die ich jetzt habe wohl jede Schwangere am Ende mehr oder weniger plagen. Aber weißt du was? Ich kann manchmal nicht mehr. Ich will nicht mehr. Ich will, dass das Baby am liebsten jetzt schon auf die Welt kommt und in seinem Bettchen rumstrampeln kann und nicht in meinem Bauch.

Ich möchte endlich wieder normal spazieren gehen können, ohne mich nach 50 Metern wie eine ausrangierte Dampflock anzuhören. Ich möchte morgens aufstehen und nicht wie der gestrandete Moby Dick aus dem Bett rollen. Und ja, irgendwie möchte ich meinen Körper wieder für mich haben. Ein Baby in seinem Bauch zu haben ist der Wahnsinn und toll und faszinierend, gleichzeitig aber auch ziemlich gruselig und manchmal sehr schmerzhaft.

Und die Weisen sagen: Beurteile niemand, bis du an seiner Stelle gestanden hast.
Johann Wolfgang von Goethe

Und weil ich mittlerweile verstehe, was diese Schwangere damals meinte, möchte ich mich nicht nur bei ihr, sondern bei allen Schwangeren, denen ich mit meinen unwissenden Gedanken Unrecht tat entschuldigen. Dafür, dass ich wirklich genervt von solchen Aussagen war. Dafür, dass ich kein Verständnis hatte und diese Frauen nur allzu schnell als „Weicheier“ und „undankbar“ abgestempelt habe.
Und trotzdem weiß ich, wie sich die Kinderwunschlerinnen bei diesen Zeilen wahrscheinlich fühlen und kann es verstehen. Ich weiß, wie sehr man eine Schwangerschaft herbeisehnen kann. Wie ungerecht man es findet, wenn alle anderen *schwupps* schwanger werden und man selber Zyklus für Zyklus wartet und hofft. Ich kann mich noch sehr genau daran erinnern, dass ich das Gefühl hatte, dass viele Schwangere ihr Glück nicht zu schätzen wissen und einfach undankbar sind.

Ich bin dankbar. Ich liebe das Baby in meinem Bauch so sehr und würde alles dafür tun, dass es ihm gut geht und es sicher und geborgen zu uns kommt. Heute weiß ich, dass es kein Widerspruch ist, nicht jede Sekunde der Schwangerschaft zu genießen und dennoch wahnsinnig verliebt in sein Baby zu sein. Für dieses Baby nimmt man es in Kauf, dass der Körper sich merkwürdig verformt, dass man plötzlich eingeschränkter ist und auch die Schmerzen.

Denn auch wenn es manchmal gut tut sich bei anderen zu beschweren und auszuweinen: Solange es meinem Baby gut geht, ertrage ich all das und noch viel mehr.

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